Die Reolink Duo 3 PoE kombiniert zwei 4K-Sensoren zu einem nahtlosen 180-Grad-Panoramabild mit 16 Megapixeln (7680 × 2160 @ 20 fps). Im Feldtest überzeugten Auflösung, Detailtreue und eine im Vergleich zur Vorgängergeneration sichtbar verbesserte Stitching-Qualität. Für großflächige Areale – Einfahrten, Höfe, Gewerbeflächen – reduziert das Panoramakonzept den Kamerabedarf, ohne die typischen Weitwinkelverzerrungen. Power-over-Ethernet (IEEE 802.3af) erleichtert die Installation, ONVIF sorgt für Anschluss an Drittsysteme. Mit „Bewegungsspur“ führt Reolink eine E-Mail-Benachrichtigungsart ein, die Bewegungsverläufe als Einzelbild verdichtet.
Einordnung, Zielsetzung und Testumgebung
Die Duo-Serie adressiert Szenarien, in denen ein sehr breites Sichtfeld gefordert ist, Mehrkamerasetups aber vermieden werden sollen. Anstelle eines Superweitwinkels mit Tonnenverzerrung nutzt Reolink zwei leicht überlappende Objektive und fügt die Teilbilder digital zusammen. Der Test erfolgte im Außenbereich (gemischte Szenen mit Schatten/Himmel), teils mit Verkehrsbewegungen im Fernfeld (20–35 m), tags und nachts, mit lokaler Aufzeichnung auf microSD sowie Aufzeichnung auf NAS/NVR über ONVIF-Profil.
Pro & Contra (Kurzüberblick)
Stärken
- 180-Grad-Panorama ohne klassische Weitwinkelverzerrung, 16 MP Gesamtauflösung
- Hohe Detailwiedergabe auch in den Randzonen; sauberes Stitching auf praxisüblichen Distanzen
- Voll nutzbar ohne Cloud; Speicherung lokal (microSD), auf NAS/FTP oder NVR
- Konsistente Bedienung über App, Desktop-Client und Browser
- ONVIF-Unterstützung, Anzeige auf Smart-Displays (Google Assistant/Alexa)
- „Bewegungsspur“ verdichtet Ereignisse in ein E-Mail-Einzelbild
Schwächen
- PoE-Verkabelung zwingend bzw. separates 12-V-Netzteil erforderlich
- Lokale microSD-Aufnahmen unverschlüsselt
- Vertikaler Bildwinkel (~55°) begrenzt; „breit aber flach“
- HDR-Hilfen (WDR/BLC/HLC) nicht auf dem Niveau spezialisierter Modelle
- Spotlight-Umschaltung verursacht 1–2 s Re-Belichtung
Technische Daten (Auszug)
| Merkmal | Spezifikation |
|---|---|
| Sensorik/Optik | 2× 1/2.7″ CMOS, 2,8 mm, F1.6 |
| Gesamtauflösung | 7680 × 2160 (16 MP) @ bis 20 fps |
| Codecs/Streams | H.265 (Hauptstream), H.264 (Substream); 2× Main, bis 10× Sub (max. 12 Streams) |
| Bitraten | Main 3072–10240 kbps (Default 8192); Sub 256–2045 kbps (Default 1024) |
| Sichtfeld | Horizontal 180°, Vertikal ~55° |
| Nachtsicht | IR bis ~30 m; 8× Spotlight LED (ca. 560 lm, 6500 K) für Farbnacht |
| Audio/Alarm | 2-Wege-Audio, Sirene (App-gesteuert) |
| KI-Erkennung | Personen, Fahrzeuge, Tiere; Zonen, Objektgrößenfilter, Verzögerung 0–8 s |
| Speicher | microSD bis 256 GB (im Test auch 400 GB lauffähig), NAS/FTP, Reolink-/ONVIF-NVR |
| Netzwerk | PoE (IEEE 802.3af, 48 V), 10/100 Mbit/s; alternativ 12 V-DC (< 12 W) |
| Schutzklasse | IP67; −10 °C bis +55 °C, 10–90 % r. F. |
| Bauform/Gewicht | 195 × 103 × 56 mm; ~680–700 g |
Design, Verarbeitung und Hardware
Das Gehäuse folgt dem kantigen Duo-Design mit schwarzer Front. Jede Linse ist von Spotlight- und IR-LEDs umringt; Tageslichtsensor und Mikrofon liegen zentral zwischen den Optiken, der Lautsprecher unten. Die Befestigung erfolgt über ein Standard-Gewinde oben/unten; wahlweise Wand- oder Deckenmontage. Auf der Rückseite führen je ein geschützter RJ45-Abgang (PoE) und ein 12-V-DC-Abgang heraus. Verarbeitung und Dichtung (IP67) sind robust; die Halterung bietet ausreichend Justageweg, die Anleitung zur Schraubenbelegung ist jedoch interpretierungsbedürftig.
Installation, PoE-Versorgung und Verkabelung
PoE reduziert Außeninstallationen auf ein Kabel für Daten und Strom. Notwendig ist ein 802.3af-PoE-Switch oder -Injektor; ein Netzteil liegt nicht bei. Das mitgelieferte Ethernet-Kabel (ca. 1 m) genügt nur für die Erstinbetriebnahme; Außenmontagen benötigen längere Cat-Kabel. Alternativ ist 12 V-DC möglich. In der Praxis empfiehlt sich PoE (bis 100 m stabil), insbesondere bei 16-MP-Streams und 24/7-Betrieb.
Praxistipps
- Kabelwege früh planen (Durchführungen, Dichtungen, Biegeradien); wasserfeste Kupplung verwenden.
- Switch-Budget prüfen: 802.3af liefert bis ~12,95 W am Port; die Duo 3 PoE bleibt unter 12 W.
- Bei Gigabit-Backbone beachten: Die Kamera selbst arbeitet mit 10/100 Mbit/s, was für H.265@8–10 Mbit/s genügt.
Einrichtung und Bedienung (App, Desktop, Web)
Die Ersteinrichtung erfolgt via App/Client/Browser über QR-Code und lokales Gerätepasswort, Kontooptional. Positiv fällt die Funktionsparität der Oberflächen auf: OSD-Positionierung, Wasserzeichen, Privatsphärenmasken (bis zu drei), Aufnahmepläne (Bewegung/Plan/24/7), Zeitraffer, Netzwerkeinstellungen und ONVIF.
„Bewegungsspur“ (Motion Track) wird über E-Mail versendet. Für SMTP sind Server/Port/Absender sowie ggf. App-Passwörter (2FA) zu hinterlegen. Abhängig vom Provider kann die Ersteinrichtung Zeit kosten; danach arbeitet die Funktion zuverlässig.
Bildqualität bei Tag und Nacht
Tag: Die 16 MP-Gesamtansicht liefert hohe Kantenschärfe und feine Texturen auch am Panoramasaum. In Szenen mit hohem Kontrast (Himmel/Schatten) neigt die Kamera zu Überbelichtung in Spitzlichtern. In der Praxis hilft eine moderate Belichtungskorrektur; ein echtes WDR/BLC/HLC-Paket wie bei spezialisierten Modellen (z. B. Annke NCD800) wäre wünschenswert.
Nacht (IR/Farbe):
- IR: Homogene Schwarzweiß-Darstellung bis ~30 m; keine Umschaltverzögerung, damit lückenlos.
- Spotlight: Farbnacht mit hoher Erkennbarkeit. Beim Zuschalten erfolgt eine 1–2 s Belichtungs-/Weißabgleichsanpassung, die je nach Szenendynamik relevante Frames kosten kann. Für kontinuierliche Überwachung empfiehlt sich primär IR, Spotlight als „Deterrence“ oder bedarfsweise.
Zoom: Der 10×-Digitalzoom bleibt zur Sichtung/Beweissicherung bis ~5× brauchbar; darüber leiden feine Details sichtbar. Für echte Tele-Anforderungen ist ein optisches Zoom-Modell die geeignetere Ergänzung (z. B. Reolink RLC-811A/823A oder TrackMix für Hybridansätze).
Stitching, Geometrie und Justage
Das Stitching ist werksseitig auf 8 m Objektabstand optimiert und lässt sich zwischen 2–20 m anpassen. Zu nahe Objekte können Artefakte an der Nahtlinie erzeugen. Die Belichtungen der Teilbilder sind sehr nah beieinander, minimal differierend – im Alltagsbild kaum relevant. Der vertikale Blickwinkel (~55°) erzeugt das charakteristische „Panorama-Breitbild“; für Mehrgeschosssituationen oder steile Anfahrten muss die Montagehöhe entsprechend gewählt werden.
KI-Erkennung, Alarmierung und „Bewegungsspur“
Die Objektklassifizierung für Personen/Fahrzeuge/Tiere arbeitete im Test robust; Fahrzeuge wurden noch auf ~30 m sicher detektiert. Fehlalarme lassen sich über Bewegungszonen, Objektgrößenfenster und Alarmverzögerungen (0–8 s) wirksam senken.
„Bewegungsspur“ fasst die Position eines Objekts über 15 s in einem Overlay-Einzelbild zusammen – ein deutlicher Effizienzgewinn bei der Sichtung, da Videorückspulen entfällt. Limitation: der Versand erfolgt ausschließlich per E-Mail; Push-Apps zeigen weiterhin klassische Clips/Screens.
Speicherung, Datenschutz und Betrieb
Speicherpfade: microSD (Ringpuffer, löscht älteste Clips), NAS/FTP, Reolink-NVR sowie ONVIF-NVR/Surveillance-Station. Die microSD-Daten sind unverschlüsselt; für Compliance-Szenarien empfiehlt sich NVR/NAS mit verschlüsselten Volumes und restriktiven ACLs.
DSGVO-Aspekte: Privatsphärenmasken (bis drei) und klare Ausrichtung vermeiden Fremdflächen. E-Mail-Alarme sollten keine unnötigen personenbezogenen Daten transportieren; Mailserver-Logs und Aufbewahrungsfristen beachten.
Integration in Smart-Home und Drittsysteme
Die Kamera unterstützt ONVIF (Einbindung in Home Assistant, Homey Pro, Synology Surveillance Station via Standardprofil). Sprach-Assistenten zeigen den Livestream auf kompatiblen Displays (Nest Hub, Echo Show/Echo Hub). In der Testumgebung funktionierte ONVIF stabil; abweichende Berichte sind meist auf Firmwarestände, Profil-Mismatch oder Netzwerkkonfiguration zurückzuführen.
Leistung, Streams und Netzwerk
Mit H.265-Hauptstream bei 8–10 Mbit/s und 20 fps blieb die Auslastung eines 100-Mbit-Links weit unter der Grenze. Gleichzeitige Streams (z. B. NVR + App + Smart-Display) sind durch das Limit von max. 12 Videostreams (2× Main, 10× Sub) abgedeckt. Zeitraffer blockiert die sofortige Bitratenänderung des Hauptstreams; Konfiguration vor Aktivierung anpassen.
Vergleich und Alternativen
- Eufy Dual-Lens-Ansatz: trennt Weitwinkel/Tele in zwei separaten Streams/Fenstern. Reolink liefert ein zusammengeführtes Panorama ohne Umblenden – vorteilhaft für flächige Szenen.
- TrackMix-Klasse (Reolink): Dualobjektiv mit PT/Auto-Tracking und Tele-Detailbild – geeignet, wenn dynamisches Verfolgen priorisiert wird.
- Optischer Zoom (RLC-811A/823A 16×): sinnvoll, wenn Kennzeichen/Personen im Fernfeld priorisiert werden; dafür weniger horizontale Abdeckung.
Praxisempfehlungen (Planung & Betrieb)
- Montagehöhe so wählen, dass der vertikale 55°-Winkel die Zielzone vollständig abdeckt; Nahtlinie nicht direkt auf kritische Bereiche legen.
- PoE-Pfad sauber dimensionieren (Switch-Budget, Kabellängen, Crimpqualität).
- Für Nachtbetrieb „IR primär, Spotlight gezielt“: lückenlose Aufzeichnung ohne Umschaltpause, Spotlight als Abschreckung/Ident-Erweiterung.
- Speicherstrategie festlegen: microSD als Cache, NVR/NAS als Primärspeicher; Export-Workflows definieren.
- SMTP mit App-Passwörtern (2FA) einrichten, Versandgröße und Provider-Limits beachten.
Verfügbarkeit und Preise
Listenpreise variieren je nach Händler/Promo; beobachtet wurden ~180–220 € (UVP/Regelpreis) sowie wiederkehrende Aktionen ~138–200 €. Die Duo 3 WiFi adressiert Setups ohne Verkabelung (Wi-Fi 6, teils größere SD-Kapazität), verzichtet jedoch auf PoE-Vorteile. Zubehör wie Anschlussdosen/Junction-Boxen erleichtert die wetterfeste Kabelzuführung.
Fazit
Die Reolink Duo 3 PoE liefert ein sehr breites, detailreiches 16-MP-Panoramabild, das in vielen Außen-Use-Cases zwei klassische Kameras ersetzt. Die Kombination aus PoE, ONVIF-Kompatibilität, konsistenter Multi-Plattform-Bedienung und der effizienten E-Mail-Funktion „Bewegungsspur“ ergibt ein stimmiges Paket für professionelle und semiprofessionelle Installationen. Kritisch bleiben die unverschlüsselte microSD-Ablage, die Spotlight-Umschaltpause sowie das begrenzte vertikale Sichtfeld. Wo eine kabelgebundene Infrastruktur vorgesehen ist und die Aufzeichnung zentral erfolgt, überzeugt die Duo 3 PoE mit hoher Abdeckung, stabiler Performance und attraktivem Preis-Leistungs-Verhältnis.
